Ein Projekt von Timo Köster, Kulturmanager-Alumnus, Internationale Elias Canetti Gesellschaft, Ruse, Bulgarien  An Bord des Frachtschiffes Negrelli reiste Kutlug Atamans filmische Installation „Küba“ 1.500 Kilometer die Donau flussaufwärts nach Wien. Dabei entfaltet sich ein geografischer Raum, mit spezifischen sozialen, politischen und kulturellen Kontexten; bei jedem Stopp – in Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Ungarn und in der Slowakei – entstand ein Zwiegespräch zwischen einer von Thyssen-Bornemisza Art Contemporary eigens beauftragten Arbeit und Atamans Installation.

Am 13. Mai 2006 fand im Canetti-Haus in Ruse die Eröffnung von Küba – Eine Reise gegen den Strom statt. Zu sehen waren die filmische Installation „Küba“ von Kutlug Ataman, die skulpturale Installation „Eine BG Bar“ von Nedko Solakov sowie die Arbeit Emanuel Danesch’s und David Rych’s „Minority Logbox – multiple degrees of representation logged 0106-0506: TR-RO-BG-YU-HR-H-SK-A“.

Kutlug Ataman

Küba (2004)

Filminstallation mit 40 Monitoren

Türkisch mit englischen Untertiteln

Küba bezeichnet eine Gemeinschaft aus Männern, Frauen und Kindern in einem der berüchtigten Ghettos Instanbuls. Die Anfänge der Barackensiedlung gehen auf die späten fünfziger Jahre zurück, als der Ort militanten Linken und anderen Außenseitern als Zufluchtsstätte diente. Seither hat sich hier eine geschlossene Gemeinschaft gebildet, die sich der Außenwelt mit undurchdringlicher Solidarität präsentiert. Der Großteil der Bewohner ist heute kurdischer Abstammung. Die interviewten Personen reichen von einem Gelegenheitsdieb, der stiehlt, um seine Obsession für das Sammeln von Tauben verfolgen zu können, über eine verheiratete Frau und Mutter von zwei Kindern, die heimlich in jemand anderen verliebt ist, bis zum Gemeinschaftsanführer und politisch Verfolgten. Ihre behelfsmäßigen Behausungen, zusammengezimmert aus Altmetall und Lehm, stehen im Schatten einer Megametropole des 21. Jahhunderts. Ein Ort am Rand der Gesellschaft, der gelernt hat, über die Runden zu kommen […].

Die Arbeit wurde koproduziert von Artangel London; Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Wien; Carnegie International, Pittsburgh; Lehman Maupin Gallery, New York; Museum of Contemporary Art, Sydney, und das Theater der Welt, Stuttgart.

Nedko Solakov

Eine BG Bar (2006)

Skupturale Installation

Kuratorin: Iara Boubnova

Nedko Solakovs Installation Eine BG Bar ist eine funktionstüchtige Bar, deren Form und physikalischen Konturen den Staat Bulgarien nachzeichnen. Auf metaphorischer Ebene veranschaulicht die Arbeit die Transitsituation, der das Land in seiner fast fünfhundertjährigen Okkupationsgeschichte ausgesetzt war, eine Region, die von Einzelpersonen ebenso wie von ganzen Nationen quasi nach Belieben durchquert wurde. Dieses Gefühl unablässiger Bewegung wird durch die Funktionsweise der Bar symbolhaft aufgegriffen: Gäste erscheinen, bedienen sich am Kühlschrank oder nehmen einen Drink an der Bar und brechen wieder auf. Alkoholische Getränke und Zigaretten sind prinzipiell verboten, werden aber – ironischer Kommentar auf die Willkür solcher Vorschirften und ihren Mangel an regulativer Kraft durchaus toleriert.

Emanuel Danesch & David Rych

„Minority Logbox – multiple degrees of representation logged 0106-0506: TR-RO-BG-YUHR-H-SK-A“

Videoarchiv

Emanuel Danesch und David Rych folgen Küba auf seiner Reise von Ruse nach Wien in einem Auto mit angehängtem Wohnwagen, der zu einer mobilen Videothek umfunktioniert wurde. Vor ihrer Abreise sammeln sie Film- und Videoarbeiten, die auf verschiedenste Communities der acht an Küba: Eine Reise gegen den Strom partizipierenden Länder Bezug nimmt: auf ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten ebenso wie auf heterogene Gruppierungen, die aus anderen Gründen am Rande der Gesellschaft stehen.

Die Auswahl dieser Filme, die dann als Teile des Minority Logbox-Archivs bei jeder Station gezeigt werden, erfolgte nach individuellen Kriterien: Sie spiegeln die kulturellen, geografischen, politischen und sozialen Gegebenheiten der jeweiligen Städte und ihrer Bewohner wider und richten den Fokus auf transnationale soziale Gruppierungen, die vom Verwaltungsapparat oftmals nicht erfasst werden und somit keinerlei Rechtsstatus besitzen.

Küba: Eine Reise gegen den Strom fand im Rahmen der österreichischen EU- Ratspräsidentschaft statt und wurde großzügung unterstützt von: Bundeskanzleramt: Kunst (bm:ukk), Erste Bank, Via-donau und Wiener Städtische-Vienna Insurance Group.